03.03.2009
Am heutigen Dienstag ist also der
lang lang ersehnte Urlaub endlich in greifbarer Nähe! Los geht
es, wie so oft, mit der heimischen Deutschen Bahn.
Signalstörungen und Verzögerungen in weiser
Voraussicht eingeplant erreichen wir pünktlich fünf
Minuten vor Abfahrt die charmante Industriegebietshaltestelle des
Shuttlebusses von Essen nach Weeze. In Weeze war ich schon ein paar
mal, nicht um mit Billigfliegern in den Urlaub zu starten, sondern um
zu rocken. 2002 war war da glaube ich das letzte Bizarre-Festival der
Geschichte und am letzten Abend hat es sehr viele große Feuer
gegeben. Und dann war da noch irgendwann mal das Terremoto.
Jetzt steht dort jedenfalls ein Miniterminal, um die grenznahen
Holländer und vermutlich zumeist Ruhrpottdeutschen in die
Ferne zu transportieren. Aufgrund meiner Scheinschwangerschaft durfte
ich am Durchleuchtungsapparat vorbeigehen und mich einer gesonderten
Durchsuchungsprozedur unterziehen. Im Ryanair-Flugzeug dann der Kampf
um die besten Sitzplätze – für mich in
diesem Fall sehr einfach: am Gang und in Klonähe, da will ja
kein normaler Mensch sitzen. Endlich haben alle einen Platz gefunden
und der Flug kann, begleitet von Shirley, der unfreundlichsten und
unverschämtesten Flugbegleiterin EVER, losgehen. Der Bewohner
in meinem Bauch strampelt und tritt wie wild, recht hat er, Shirley ist
eine olle Bitch!
Als jemand vor dem Start zum Klo muss, scheucht sie ihn gleich wieder
runter und verschließt die Toilettentüren. Auch
während des Flugs scheint ihre Lieblingsbeschäftigung
darin zu bestehen, Menschen zu schikanieren, indem sie, kaum hat sich
eine Kloschlange von mehr als drei Personen gebildet, die Klos
abschließt und die Leute anherrscht, sich sofort wieder auf
ihre Plätze zu begeben. Angeblich, weil das
„Anschnallen-Licht“ angegangen ist. Ich vermute
allerdings, dass dieses Licht kaputt ist bzw. unterstelle Shirley pure
Boshaftigkeit und Willkür. Sie schaltet das Lämpchen
extra dauernd an, um uns ihre Macht zu demonstrieren. Als das Licht mal
wieder aus ist stürmen die Massen wieder los, alle
müssen Pipi! Der kleine Fritz schafft's nicht mehr
rechtzeitig, er macht sich in die Hose. Als seine Mutter darum bittet,
vorgelassen zu werden, erntet sie nur Unverständnis. Auch mir
schließt Shirley die Tür vor der Nase zu, als ich
endlich als nächste an der Reihe gewesen wäre. Ich
bin stinkesauer und starte eine Diskussion, aber sie bleibt hart. Zudem
schuldet sie noch etlichen Leuten Wechselgeld – bei RyanAir
kauft man ja an Bord Essen und Getränke (und bald soll man ja
auch 1 Pfund für's Klo entrichten. Ich hab ja nix dagegen, bei
Billigfliegern was für Essen oder Getränke zu zahlen.
Wenn man mir allerdings auf die Frage „Do you have a
vegetarian sandwich“ „with chicken“
antwortet, dann fühl ich mich verarscht. Wenn man mir dann das
Wechselgeld für das ohnehin schon überteuerte
Getränk nicht mal trotz „I'll give it back to you,
wait a moment“ Versprechen zurückgibt UND mich nicht
pinkeln lässt, werde ich schon mal sauer. Na warte Shirley,
wenn ich Dich auf dem Rückflug nochmal erwische...
Immerhin scheint der Pilot in Ordnung zu sein, schließlich
bringt er uns nach einer ruppigen Landung sicher zum Flughafen in
Marrakesch. Hier klappt, entgegen aller bisherigen Erwartungen und
Erfahrungen (Ankunftsabende in diversen Ländern siehe
fisch-fasch.de/unterwegs) alles wie am Schnürchen. Nachdem wir
das Gepäck entgegen genommen, Geld umgetauscht und uns eine
grobe Orientierung verschafft haben, steigen wir in den
öffentlich Flughafenbus Richtung Stadt und steigen
zufällig genau da aus, wo wir es auch tun sollten. Jan wird an
der „Taxi my friend, Taxi Sir – Meile“
noch als Rassist bezeichnet, weil er sich für den Bus
entscheidet. Herzlich willkommen!
Wir finden unser im Internet reserviertes Hotel auf Anhieb und
– ich kann es kaum glauben – wir werden weder mit
den Worten „sorry, no Email from you, no reservation, you can
have room for 250 $“ noch mit „sorry we forgot, you
can have dorm with ten stinky men“
begrüßt, sondern schnurstracks in unser Doppelzimmer
geführt. Auch wenn wir bislang die Winterjacken noch nicht
ablegen mussten und es wettertechnisch genauso beschissen und nass ist
wie in Münster, freuen wir uns riesig, dass alle perfekt zu
sein scheint. Ein tolles Zimmer in einem wunderschönen Haus
mitten in der Altstadt, was wollen wir eigentlich mehr?
Vielleicht etwas essen! Alsbald begeben wir uns auf die Suche nach
etwas Essbarem,
finden im Reiseführer ein angepriesenes Restaurant mit der
höchsten Dachterrasse am Platz und kehren dort ein. Leider
regnet es ziemlich stark, auch auf die mit Plastikplanen abgedeckte
Terrasse. Das Essen schmeckt nicht sooo lecker (mit Verlaub, nachdem
wir ja mittlerweile einige Restaurants in Marokko getestet haben, kann
ich hier auch ohne weiter das Klischee der Meckerdeutschen zu bedienen
sagen, dass es richtig ekelhaft war, jawohl!!!), aber der Hunger und
die Höflichkeit treiben's rein. Mein vegetarisches Tajine
schmeckt nach Fleisch und das Gemüse gleicht einem Brei, Jans
Couscous ist matschig (vom Regen?). Der erste Tag neigt sich dem Ende
zu und der zweite folgt schon bald.
04.03.2009
Die Nacht war angenehm, wenn auch etwas frisch - die Heizung wollte
nicht so recht klappen. Doch dank bester Selbstkenntnisse erwarb ich
vor nicht allzu langer Zeit beim Globetrotter einen kuschelig warmen
Daunenschlafsack, der so schön warm ist, dass die
Außentemperatur fast egal wird.
Praktisch, denn so konnte sich Jan noch in meine Bettdecke und
Wolldecke wickeln. Ich kann nur allen leicht frierenden und reisenden
Menschen empfehlen, mal eine Nacht im Daunenschlafsack zu verbringen!
Wiegt fast nix das Ding und vollbringt wahre Wunder.
Nach einer heißen (juhu!!!) Dusche machen wir uns in unseren
Winterjacken auf den Weg zum Frühstücksbuffet. Hier
warten leckere Dinge auf uns, der Himmel zeigt sich leider noch immer
sehr sehr grau. Wir kommen ins Gespräch mit zwei deutschen
Jungs, die von ihrer Saharatour schwärmen. Wenn wir uns nicht
einen absolut punktuellen Erholungsurlaub auferlegt hätten,
säßen wir, wenn es nach mir ginge, wahrscheinlich
morgen schon im Bus Richtung Mhamid - allein weil Sahara so
schön heiß klingt. Aber nein, wir sind ja
vernünftig und begeben uns Richtung Neustadt, um Bustickets
nach Essaouira zu besorgen, wo wir ja schließlich schon unser
Biohotel gebucht haben. Auf dem Weg Dorthin, also zum Busticketschalter
CTM, verziehen sich die Wolken und die Sonne kommt sogar raus, jippie!
Sofort macht sich die Kraft der Sonne bemerkbar und wir kommen in
unseren Winterjacken fast ins Schwitzen, wären wir nicht so
intelligent, sie vorher auszuziehen.
Den Ticketschalter finden wir irgendwie nicht, dafür aber den
Supermarkt, der ganz in der Nähe ist. Zurück gehen
wir exakt die gleiche Strecke, nur auf der anderen
Straßenseite und siehe da, das CTM Ticketbüro ist da
doch! Drinnen herrscht allerdings gähnende Leere, einzig ein
schlafender Mann hängt hinter dem Thresen. Obwohl wir nicht
damit rechnen, bekommen wir hier unsere Bustickets sowie den Hinweis,
dass der Busbahnhof erneuert und verlegt wurde. Ach so!
Vergnüglich setzen wir unseren Weg fort, passieren die
Touristeninformation, in der gerade gar keiner arbeitet, es aber gratis
Stadtpläne gibt und verweilen am sich davor befindlichen
Brunnen in der warmen Sonne! Den Rückweg zur Altstadt
bezwingen wir aus Faulheitsgründen mit dem Linienbus und
laden, am Zielort angekommen, unsere dicken Jacken im Hotel ab. Der
weitere Plan des Tages besteht darin, auf dem großartigen
Platz Djamâa-el-Fna herumzuschlendern, die
Schlangenbeschwörer mit ihren Tröten zu beobachten
und ein wenig durch die Suqs zu wandeln.
Nachdem wir genug Suq haben, kehren wir auf einer Dachterrasse am
genannten Platz ein. Dort versetzt uns ein Wahnsinnsbergpanorama ins
Staunen: der schneebedeckte Atlas zieht sich am gesamten Horizont
entlang - gigantisch! Wie gut, dass wir mit so etwas gar nicht erst
gerechnet hatten, ich denke nur an so hohe Erwartungshaltungen am
Fuße des Kilimandjaro oder des Himalaya. Du weißt,
hinter den verdammten Wolken verbirgt sich ein riesiger Berg bzw. ein
mächtiges Gebirge und den ganzen Tag starrst Du gen Himmel und
siehst doch nix. Hier jedoch ist die Sicht ungetrübt, wir
bestellen lecker O-Saft mit Vanilleeis (da sind die guten
Vorsätze à la "dieses mal werde ich aber echt
vorsichtig sein mit Essen und so" schon wieder dahin) und staunen
über diesen fantastischen Ausblick.
Anschließend folgt noch ein kurzer Shoppingausflug in die
Alstadt und die Entdeckung eines vegetarisch-veganen Earth
Cafés in einer verwinkelten Gasse. Hier kehren wir auch
später zum Essen ein, da ich mir sicher bin, dass die Gerichte
gestern allesamt nach Fleisch schmeckten, pfui Teufel. Im
Vegi-Restaurant schmeckt nix nach Fleisch, sondern alles
außerordentlich lecker.
05.03.2009
Beim Frühstück fällt ein älteres
französisches Ehepaar auf, das nichts besseres zu tun hat, als
an allem herumzumäkeln. Selbst die Bedienstete kann sich ein
Grinsen nicht mehr verkneifen und wir werfen uns hinter dem
Rücken dieser unmöglichen Personen eindeutige Blicke
zu.
Mit Sack und Pack geht es sogleich per Taxi zum Busbahnhof. Die Fahrt
nach Essaouira dauert etwa 2-3 Stunden und zuckelt durch endlose Felder
und Ortschaften. Essaouria macht einen guten ersten Eindruck, ebenso
wie das Biohotel, lediglich die Matratze scheint etwas hart zu sein,
eine schwere FutonG-Matratze eben...
Zum Abendessen speisen wir im hoteleigenen Restaurant, allerdings
schmeckt das Essen eindeutig nach Fisch - Jan bemerkt das im
Übrigen nicht, vielleicht gehen auch zur Zeit die
geschmacksnervlichen Gäule ein wenig mit mir durch. In unserem
Zimmer, welches übrigens eine eigene Terrasse hat, empfangen
wir ZDF und erfahren mit ein wenig Genugtuung die Wetterlage der
Nation. Sobald ich auf dem Steinbett Ruhe suche, beginnt der junge
Mensch in mir an zu zappeln, dass es nicht mehr feierlich ist, schwer
zu beschreiben. Pogo ist nix dagegen!
06.03.2009
Die Nacht war hart, in jeglicher Hinsicht, dafür ist aber das Frühstück umso leckerer und das Wetter meint es auch gut mit uns. Wir beginnen den Tag mit ein wenig Chillen auf den Liegen der herrlichen Dachterrasse, aufgrund des Windes bemerken wir nicht die eigentlich Kraft der Sonne, dennoch reicht sie aus, um zeitweilig im T-Shirt rumzuliegen. Als ein paar Wolken aufziehen machen wir eine kleine Shopping- Tour durch die Medina und schlendern durch die Gassen, es ist wahnsinnig entspannend und erholsam. An einem alten portugiesischen Fort bietet sich ein hervorragender Ausblick auf den wilden Atlantischen Ozean. Hier verweilen wir eine Zeitlang, bis wir hungrig werden und es uns in ein hübsches Restaurant auf einem prima Leute-beobachte-Platz zieht.